Jiddischkeit an der Harfe:
Susanne Weinhöppel singt und spielt
„Wenn es keine Schoa gegeben hätte, würde
ich, wie auch die meisten anderen Jiddisch-Performer in Deutschland, vermutlich wenig Interesse an der jiddischen Kultur haben”, schreibt Susanne Weinhöppel im
Booklet ihrer neuen CD „Oif a sunigen wejg”.
Damit trifft sie einen neuralgischen Punkt: Jiddische Lieder und Klesmermu
sik sind vor allem unter deutschen Nichtjuden groß in Mode - dank sechs Millionen Toten. Bei Susanne Weinhöppel liegt der Fall jedoch anders. Sie ist Jüdin und
zählt damit zu den wenigen Juden in Deutschland, die jüdische Musik spielen -
trotz der sechs Millionen.
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Auf ihrem aktuellem Album hat die Münchnerin 16 Lieder vereint. Es sind
viele bekannte Melodien darunter, jiddische Hits wie „De grininke kusine” von Abe
Schwartz, Di goldene pawe von ltzik Manger oder Baj mir bistu shejn von Scholem
Secunda. Auch andere Klassiker sind vertreten - die Dichter Mordechai Gehirtig,
Hersch Glik und Saul Chaplin genauso wie die Komponisten Dov Seltzer und
Mark Warschavsky.
Trotzdem ist dies kein bloßes „Best of Schtetl”, was spätestens bei Weinhöppels Interpretation von Heinrich Heines Lorelei und Mozarts Ejze
deutlich wird.
Susanne Weinhöppel singt diese Lieder und spielt dazu auf einem in diesem Genre
einzigartigen Instrument, der Harfe. So ungewöhnlich das zunächst anmuten
mag, es passt. Das Saiteninstrument, das Weinhöppel in Salzburg und München
studiert hat, ist so etwas wie ihre zweite Stimme. Einige Stücke spielt sie solo, bei
anderen wird sie begleitet von ihrem Arrangeur Michael Armann (Keyboard),
Georg Karger (Bass), Thomas Wollenweher (Cello), Sabine Stegmüller (Querflöte)
und Martina Eisenreich (Geige).
,,Jiddisch ist die Sprache meines Herzens", sagt Susanne Weinhöppel. „Nur auf Jiddisch kann ich die Verknüpfung von
,Schmeichl un Tren' ausdrücken, Lachen und Weinen.” Ihre Mameloschn im Wort
sinn ist das ostjüdische Idiom aber nicht.
Weinhöppels Vater war Katholik, ihre Mutter zwar Jüdin, aber ihrem Hintergrund total entfremdet. Die Sängerin und Harfenistin wuchs katholisch auf und hat
lange gebraucht, zu ihrem jüdischen Erbe zurückzufinden. „Einen jüdischen Mann
und ein jüdisches Kind hatte ich mir nicht explizit ausgesucht und auch die
ersten Jahre in der Gemeinde fand ich echt 'shocking”, sagt sie. Ihren Liedern
merkt man den langen Weg der Interpretin zur Jüdischkeit nicht an. Sie klingen
authentisch. Im Herbst soll das nächste Album mit 16 weiteren jiddischen Stücken erscheinen. Darauf können wir uns schon jetzt freuen.
Jonathan Scheiner; Jüdische Allgemeine
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